Pflanzenbautage 2024
Einzelbetriebliche Lösungen mehr denn je gefragt

zwei Frauen und drei Männer vor einem gut besetzten WirtshaussaalZoombild vorhanden

Fachleute referierten bei den Pflanzenbautagen 2024, wie hier in Wallerdorf.
© Christine Schmid, AELF Deggendorf-Straubing

Es ist der erklärte Wille der Bayerischen Staatsregierung, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Damit kommt die Politik den Bedürfnissen der Bevölkerung nach Arten-, Gewässer- und Bodenschutz nach. Die Botschaft ist bei den Landwirten angekommen.

Doch wo Pflanzenschutzmittel wegfallen und in Folge der Klimaerwärmung Extremwetter, Krankheiten und Schadinsekten zunehmen, stehen Praktiker, Berater und Forscher vor erheblichen Herausforderungen. Bei den Pflanzenbautagen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Deggendorf-Straubing (AELF) ging es um Pflanzenschutz, mechanische Unkrautbekämpfung, Düngestrategien und Sortenempfehlungen. Mehr und mehr seien einzelbetriebliche Lösungen gefragt, sind sich die Berater einig.

Maximilian Dendl vom Sachgebiet Landnutzung am AELF erläuterte, welche Sorten Weizen, Gerste, Mais und Sojabohnen sich in den Versuchen der vergangenen Jahre am besten geschlagen haben. Versuchsergebnisse und Sortenempfehlungen können im "Versuchsberichtsheft integrierter Pflanzenbau 2023" nachgelesen werden.
Aufbrauchfristen beachten
Die Liste der Pflanzenschutzwirkstoffe, die in der EU nicht mehr zugelassen sind, wird länger – ohne alternative Produkte, zeigte Johann Thalhammer vom Sachgebiet Landnutzung am AELF. Er listete die entsprechenden Wirkstoffe mit Zulassungsende, Abverkaufs- und Aufbrauchfristen auf.
Wirkstoffe - EU-Genehmigung (Annex-Listung)
Widerruf der ZulassungZulassungsendeAbverkaufsfristAufbrauchfrist
Efa (Beize)30.09.202130.03.202230.03.2023
Crawler (Carbetamid)30.06.202126.12.202126.12.2022
Ampera, Mirage 45 EC, ... (Prochloraz)31.12.202130.06.202230.06.2023
Emesto Silver (Beize Kart.)01.03.202201.09.202201.09.2023
Cantus Gold (Dimoxystrobin)31.07.202331.01.202431.07.2024
Tribeca14.07.202314.01.202414.01.2025
Circuit SYNTEC14.07.202314.01.202414.01.2025

Wirkstoffe (Pflanzenschutzmittel), bei denen die Zulassung aktuell nicht verlängert wurde oder die in der Diskussion stehen, nicht mehr zugelassen zu werden:

  • S-Metolachlor (Dual Gold, Gardo Gold, …)
    Zulassung nicht verlängert, Abverkaufsfrist 23.07.2024, Aufbrauchfrist 23.07.2024!
  • Triflusulfuron (Debut, Shiro, Debut Duo Active)
    Zulassung nicht verlängert, Abverkaufsfrist? Aufbrauchfrist 20.08.2024, Ware begrenzt, gezielt einkaufen!
  • Metiram (Polyram WG)
    Zulassung nicht verlängert, Abverkaufsfrist?, Aufbrauchfrist? nur noch 2024 einsetzbar!
  • Benthiavalicarb (Zorvec Endavia)
    Zulassung nicht verlängert, Abverkaufsfrist?, Aufbrauchfrist? nur noch 2024 einsetzbar!

Wirkstoffe die voraussichtlich ihre Zulassung verlieren:

  • Metribuzin (Sencor Liquid, Mistral, …)
  • Tebuconazol (Folicur, …)
  • Flufenacet (Herold, Battle Delta, Broadcast, Pontos, Cadou, Artist, Aspect, …)
Strikte Anwendungsbeschränkungen
Bei lange erprobten Mitteln wie Glyphosat sei derzeit eine Anwendung erlaubt – allerdings befristet und mit erheblichen Anwendungsbeschränkungen, sagte Thalhammer. Jede Glyphosat-Anwendung müsse aufwändig dokumentiert werden. Thalhammer kritisierte den unverhältnismäßigen Preisanstieg bei den Pflanzenschutzmitteln bei gleichzeitig sinkenden Getreidepreisen.
Maiswurzelbohrer in ganz Niederbayern nachgewiesen
Resistenzen bei Herbiziden würden zunehmen, Wetterkapriolen zwischen Dauerregen und Dürre sowie neue Krankheiten und Unkräuter sorgten jedes Jahr für eine neue Situation. Zu einer Plage bis zum Ernteausfall könne sich beispielsweise das Weidelgras auf dem Acker entwickeln. Der Maiswurzelbohrer sei auf dem Vormarsch und trete mittlerweile in ganz Niederbayern auf.
Unter Umständen auf Fungizidspritzung verzichten
Neue, durch die Klimaerwärmung begünstigte Krankheiten wie SBR oder Stolbur – durch eine Zikade übertragene bakterielle Krankheiten – verbreiteten sich und sorgten für hohe Einbußen bei den Zuckerrüben. Ein Lichtblick: Thalhammer verwies darauf, dass in Winterweizen und Gerste bei gesunden Sorten und trockenem Standort auf die Fungizidspritzung öfter mal verzichtet werden könne.
Beratung für gute einzelbetriebliche Lösungen
Bei den wechselnden Herausforderungen ist die Beratung durch Ämter, Erzeugerringe und Anbauverbände offensichtlich immer wichtiger, um zu guten einzelbetrieblichen Lösungen zu finden. Dies bestätigte auch Magdalena Altschäffl vom Erzeugerring Niederbayern, die über angepasstes Düngen mit stabilisierten Stickstoffdüngern referierte. Zunehmend würden Landwirte fragen, welche Düngersorte sie wie einsetzen sollten. Dies zu beurteilen, werde immer schwieriger, weil die Niederschläge so unregelmäßig fielen. "Man muss immer schauen: Was passt zum jeweiligen Jahr? Entscheidender als die Menge der Mittel ist, wie sie eingesetzt werden."
Für und Wider mechanischer Unkrautbekämpfung
Jakob Berg vom Verband bayerischer Zuckerrübenanbauer untersucht, wie sich durch mechanische Regulierungsverfahren der Einsatz von Herbiziden reduzieren lässt. Auch er riet zu bedarfsorientierter Behandlung und beleuchtete die Vor- und Nachteile verschiedener Hackmethoden bis hin zum digital- und kameragestützten Spot on-Sprayer. Um Unkraut mechanisch regulieren zu können, bedürfe es gewisser Voraussetzungen. Die Bedeutung der chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel sei deshalb nach wie vor groß.
Blattdüngung hat Grenzen
Über Blattdüngung als Maßnahme für einen effektiven Nährstoffeinsatz sprach Dr. Ludwig Lichtenegger von der Firma K+S. Der dämpfte die Erwartungen, indem er feststellte, dass die Hauptnährstoffe über den Boden gedüngt und entsprechend über die Wurzel in die Pflanze gelangen müssten. Es sei nicht möglich, die notwendigen Düngermengen im dreistelligen Kilo-Bereich allein über das Blatt in die Pflanze zu bekommen. Mikronährstoffe wie Bor, Mangan, Eisen und dergleichen könnten gezielt über das Blatt gegeben werden.

Auf Nährstoffmangel solle sofort reagiert werden, da die entstehenden Mangelsymptome einen irreparablen Schaden in der Pflanze verursachen und daher ertrags- und qualitätsrelevant sein könnten. Staunässe, Trockenheit und Verdichtung wirkten sich besonders negativ auf die Aufnahme von Mikronährstoffen aus. Eine Spritzung von Mikronährstoffen sollte am besten nachts erfolgen. Technisch solle möglichst mit Doppel-Flachstrahl-Düsen gearbeitet werden, um die Benetzung zu erhöhen. Wasserlösliche Dünger, besonders eine Chelatform, seien zu bevorzugen.