Studierende der Landwirtschaftsschule Straubing diskutieren mit Joachim Rukwied
Superfood und Eco-Schemes

Betriebsbesichtigungen und Fachdiskussionen standen bei der Lehrfahrt der Landwirtschaftsschule Straubing auf dem Programm. Mit Lehrerin Dr. Anita Lehner-Hilmer waren die Studierenden zwei Tage im Raum Heilbronn unterwegs und besuchten Betriebe mit innovativen Betriebskonzepten und außergewöhnlichen Kulturen.

"Regenerative Landwirtschaft" ist aktuell in aller Munde. Michael Reber, Betriebsleiter in der Nähe von Schwäbisch-Hall, bewirtschaftet seinen Ackerbaubetrieb bereits seit über 35 Jahren pfluglos und hat Erfahrung mit Regenerativer Landwirtschaft.

Dabei wird besonderes Augenmerk auf das Bodenleben und die Biodiversität gelegt. Bewaffnet mit Bodensonde und Spaten trat er den Beweis an. Das krümelige Gefüge und die bessere Wasserspeicherfähigkeit seines Bodens waren deutlich erkennbar.
Superfood aus der Heimat
Superfood muss nicht aus fernen Ländern kommen. Quinoa und Belugalinsen wachsen auch in Baden-Württemberg. Beide sind eiweißhaltig und ballaststoffreich. Die Quinoasamen punkten zudem mit hohe Mengen Vitamin B1 und Vitamin B6. Überhaupt setzt der Betrieb Schmälzle in der Nähe von Heilbronn auf ungewöhnliche Kulturen und vermarktet sie weitgehend über Hofladen und Automaten direkt. Neben Kartoffeln, Zwiebeln und Schalotten finden sich auf den Äckern Buchweizen, Leindotter, Kichererbsen und Mohn. Betriebsleiterehepaar und Hofnachfolger sind sich sicher, nur wenn die Wertschöpfungskette genutzt, die Feldfrüchte weiterverarbeitet und selbst vermarktet werden, kann der Betrieb in Zukunft erfolgreich sein. Auch in Zukunft wollen sie neue Kulturen ausprobieren und in die Fruchtfolge integrieren.
Kürbiskerne geröstet oder mit Schokolade
Ein ähnliches Konzept verfolgt ein Direktvermarkter im Raum Schwabach. Die Erträge der klassischen Ackerkulturen in der regenarmen Region reichen nicht, um auch in Zukunft vom Betrieb leben zu können. Die Nische, die Familie Schnell seit Jahren erfolgreich nutzt, sind Kürbiskerne. Mit Tauschflächen und moderner Technik baut die Familie auf 100 ha Kürbisse an. Aus den mit einem Vollernter geernteten Kürbiskernen wird in der eigenen Ölmühle hochwertiges Kürbiskernöl hergestellt. Ein weiteres wichtiges Produkt sind Kürbiskerne, die mit Schokolade überzogen, geröstet oder gesalzen in zig Varianten vermarktet werden.
Ochs am Spieß und Festhalle
Vielfältig und in seiner Ausrichtung ungewöhnlich war der Betrieb Weibler. In der hügeligen Landschaft von Bretzfeld, im fränkisch geprägten Nordosten Baden-Württembergs, befindet sich das landwirtschaftliche Unternehmen, das drei Brüder gemeinsam führen. 35 ha Weinberge, 550 Bullen und eine Biogasanlage gehören zum Betrieb. Nachdem Unternehmensmotto "zu 100 % aus unserer Hand" wird beides, Wein und Fleisch, selbst erzeugt, verarbeitet und vermarktet.

Die Produkte aus Hofmetzgerei und Weikellerei werden u.a. im Hofladen verkauft und mit einem eigenen Lieferservice zu den Kunden gebracht. Daneben betreibt die Familie noch eine Ochsenbraterei und bietet auf vielen Festen in der Gegend Ochs am Spieß an. Ein weiterer Baustein des Vermarktungskonzepts sind die verschieden Feste, die im Laufe des Jahres in der eigenen Festhalle stattfinden.

Diskussion mit dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbands Joachim Rukwied
So spannend der Blick über den Tellerrand bei den Betriebsbesuchen ist, so wichtig war den Studierenden der Landwirtschaftsschule Straubing auch die Diskussion mit Joachim Rukwied. Wenn man schon in der Heimat des Bauernverbandspräsidenten ist, würde man gerne mit ihm diskutieren, dachten sich die jungen Landwirte und haben um einen Termin angefragt. Mehr als zwei Stunden nahm sich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Zeit, um mit den angehenden Landwirtschaftsmeistern zu diskutieren und sich ihren kritischen Fragen zu stellen.
Gerade erst sahen sich die Junglandwirte mit den Forderungen des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" konfrontiert, schon kommen neue Herausforderungen auf sie zu. Am 1. Januar 2023 treten die neuen Beschlüsse zu den Direktzahlungen der EU in Kraft. Neue Begriffe wie Eco-Schemes bestimmen derzeit die Diskussion zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). In den Eco-Schemes wird definiert, wie Öko-Leistungen (z. B. Grünlandextensivierung), die Landwirte über die ohnehin vielfältigen Vorgaben hinaus freiwillig erbringen, honoriert werden.

"Gelingt es dem Berufsverband im Chor der Lobbyisten überhaupt noch die berechtigten Interessen der Landwirte zu vertreten?", fasste es ein Studierender zusammen. Joachim Rukwied konnte die Bedenken gut verstehen: "Es sei nicht immer leicht den eigenen Anliegen Gehör zu verschaffen."

In vielen Hintergrundgesprächen, Presseterminen, Fachbeiträgen und Diskussionsrunden werde versucht, der leider manchmal vorherrschenden Ideologie zu begegnen und Fakten und Fachwissen in die Debatten und Entscheidungen einzubringen. Es wird sicher nicht einfacher werden in Zukunft, aber aufgeben sei keine Option. Fachliche Anforderungen und gesellschaftliche Erwartungen in Einklang zu bringen sei nicht leicht, und die eigenen Bemühungen ausreichend zu kommunizieren eine Herausforderung.

„Jeder, besonders aber die jungen Landwirte sind gefordert sich zu engagieren und sich in gesellschaftliche Diskussionen einzumischen. Landwirte und ihre Erzeugnisse sind wichtiger denn je“, so fasste es Rukwied am Ende des Treffens zusammen. Für die Studierenden war es ein spannender Einblick in die Arbeit des Bauernverbandes und für so manchen die Erkenntnis, dass vieles komplizierter und komplexer ist als es von außen erscheint.